Lohnsteuerregress trotz Generalbereinigungsklausel

Wird einem Arbeitnehmer bei der Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfindung in Höhe
mehrerer Bruttomonatsgehältern zuerkannt, kann der Arbeitgeber im Fall einer späteren
Lohnsteuernachzahlung vom Arbeitnehmer als Steuerschuldner Ersatz der bezahlten Schuld
verlangen. (LexisNexis® Newsmonitor: www.newsmonitor.at)

Eine Generalbereinigungsklausel in der Auflösungsvereinbarung mit dem Wortlaut „Sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem freien Dienstverhältnis/Anstellungsvertrag sind bereinigt“ steht lt. OGH 23. 7. 2019, 9 ObA 74/19a dem Lohnsteuerregress nicht entgegen, weil nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass damit auch Streitigkeiten aus Ansprüchen mitverglichen sein sollen, die erst durch die Auflösungsvereinbarung geschaffen werden.

Sachverhalt

Der Vorstandsvertrag des beklagten Vorstandsmitglieds wurde mittels Auflösungsvereinbarung beendet, worin ihm eine Abfindung in Höhe von sechs Bruttomonatsgehältern zuerkannt wurde. Die Vereinbarung enthielt auch eine Generalbereinigungsklausel mit folgendem Wortlaut: „Sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem freien Dienstverhältnis/Anstellungsvertrag sind bereinigt“.
Aufgrund einer späteren Lohnabgabenprüfung musste die Aktiengesellschaft für diese Abfindung Lohnsteuer nachzahlen, die sie trotz dieser Generalbereinigungsklausel nun vom ausgeschiedenen Vorstandsmitglied fordert. Mit diesem Begehren war die Gesellschaft in allen drei Instanzen erfolgreich.

Entscheidung

Hat das Finanzamt die Haftung des Arbeitgebers gem § 72 EStG für zu wenig abgezogene Lohnsteuer in Anspruch genommen, tritt der Arbeitgeber in die Rechte des ursprünglichen Gläubigers (Republik Österreich) ein; er ist in einem solchen Fall befugt, vom Arbeitnehmer als Steuerschuldner den Ersatz der bezahlten Schuld gem. § 1358 ABGB zu fordern.
Gegenstand der Generalbereinigungsklausel sind die wechselseitigen Forderungen der Streitteile aus dem bisherigen Vertragsverhältnis sind, nicht aber Forderungen, die den Gegenstand der Abfindungsvereinbarung als solcher bilden. Diese Abgrenzung ist nach dem Parteiwillen der Streitteile, der aus der Vereinbarung hervorgeht, nicht weiter zu beanstanden:
Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass mit einer Generalklausel in einer Auflösungsvereinbarung, nach der die wechselseitigen Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis bereinigt und verglichen sein sollen, auch Streitigkeiten aus denjenigen Ansprüchen mitverglichen sein sollen, die erst durch die Auflösungsvereinbarung geschaffen werden.
Auch war der Parteiwille der Vertragspartner klar darauf gerichtet, dass die Abfindungszahlung der Höhe nach sechs Bruttomonatsgehälter betragen sollte. Dass dem ausscheidenden Vorstandsmitglied ein bestimmter Nettobetrag zufließen sollte, wurde nicht vereinbart. Anders als bei echten Nettolohnvereinbarungen (vgl OGH 17. 3. 2004, 9 ObA 72/03h, ARD 5512/5/2004) sollte daher den Vorstand das Steuerrisiko treffen. Seine Ansicht, dass die Gesellschaft die Lohnsteuernachforderung durch die Abgabenbehörde von ihm nicht zurückfordern dürfte, hätte zur Folge, dass die Gesellschaft mehr bezahlen und der Vorstand mehr erhalten würde, als es der klaren Vereinbarung einer Abfindungszahlung nach Maßgabe der Bruttomonatsgehälter entspräche. Ein derartiges Verständnis ist den Streitteilen daher nicht zuzusinnen.

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