BFG verneint die Qualifikation von Zahlungen an Scheinfirmen als verdeckte Ausschüttung

Das BFG hatte zu beurteilen, ob es durch Zahlungen an Scheinfirmen bei einer Kapitalgesellschaft
zu einer verdeckten Ausschüttung an ihre Gesellschafter kommen kann. Aufgrund der iZm
Scheinfirmen häufig nicht möglichen Benennung der tatsächlichen Zahlungsempfänger stellte sich
jedoch die Frage der grundsätzlichen Abzugsfähigkeit der daraus resultierenden Aufwendungen
und der Verhängung eines Zuschlags zur Körperschaftsteuer nach § 22 Abs 3 KStG.
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Abstract

Das BFG (15.10.2021, RV/7100404/2017) hatte zu beurteilen, ob es durch Zahlungen an Scheinfirmen bei einer Kapitalgesellschaft zu einer verdeckten Ausschüttung iSd § 8 Abs 2 KStG an ihre Gesellschafter kommen kann. Aufgrund der iZm Scheinfirmen häufig nicht möglichen Benennung der tatsächlichen Zahlungsempfänger stellte sich jedoch die Frage der Abzugsfähigkeit der daraus resultierenden Aufwendungen auf Basis von § 162 Abs 2 BAO und allenfalls der Verhängung eines Zuschlags zur Körperschaftsteuer nach § 22 Abs 3 KStG.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) war in den streitgegenständlichen Jahren 2011−2013 zu 50 % an der X-GmbH beteiligt. Im Zuge einer Außenprüfung bei der X-GmbH wurde festgestellt, dass diese im Ausmaß von rd 10 % ihres Auftragsvolumens Subleistungen an Unternehmen vergeben hatte. Diese Subunternehmen erwiesen sich nachträglich als Scheinfirmen. Die X-GmbH erhielt die Leistungen von den Scheinfirmen zur Gänze und beglich die zugehörigen Rechnungen vollständig. Wer diese Leistungen tatsächlich erbracht hatte, konnte im Verfahren nicht festgestellt werden. Es wurden daher per Schätzung gem § 184 BAO ermittelte 50 % der Aufwendungen iZm den Leistungen der Scheinunternehmen von der BP nicht anerkannt. Da die X-GmbH keinerlei Nachforschungen zu den Scheinunternehmen anstellte, wurde ihr die absichtliche Beauftragung der Scheinunternehmen unterstellt und der nicht anerkannte Teil der Zahlungen wurde als verdeckte Ausschüttung an die Anteilsinhaber der X-GmbH behandelt. Die vermeintliche verdeckte Ausschüttung wurde beim Bf der KESt unterworfen.

Entscheidung des BFG

Da das BFG mangels einer Vorteilszuwendung an die Gesellschafter im gegenständlichen Fall schon von vornherein nicht vom Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung der X-GmbH und so auch des Bf ausgeht, beginnt es bei der Beurteilung nicht wie gewohnt mit der Prüfung der in der Rsp entwickelten Kriterien. Das Gericht befasst sich hingegen zuerst mit der Frage, ob beim Bf Einnahmen iSd § 15 Abs 1 EStG vorliegen. Hierfür müssten dem Bf Geld oder geldwerte Vorteile iRd in § 2 Abs 3 Z 4−7 EStG genannten Einkunftsarten zugeflossen sein. Da aber bereits im Vorverfahren festgestellt wurde, dass aus den Geschäften mit den Scheinfirmen kein Rückfluss an die Gesellschafter der X-GmbH und somit auch nicht an den Bf erfolgt ist, wurde das Vorliegen von Einnahmen verneint. Folglich kann dem Bf als Gesellschafter keine KESt nach § 95 Abs 4 EStG vorgeschrieben werden.
Auch das von der belangten Behörde angeführte Erkenntnis (BFG 28. 7. 2020, RV/7100041/2018), das zwar die durchgeführte Schätzung stützt, 50 % der Ausgaben wegen des Scheinfirmencharakters der Subunternehmen nicht anzuerkennen, kann der Argumentation des FA nicht zum Durchbruch verhelfen. Im vorgebrachten Erkenntnis wird dieses Vorgehen nämlich mit den Ausführungen zum Hintergrund der Empfängerbenennungsverlangen nach § 162 BAO begründet. Eine Begründung des Ergebnisses einer Schätzung nach § 184 BAO mit den Kriterien des § 162 BAO erscheint jedoch nicht nachvollziehbar. Vielmehr schließen beide Tatbestände einander aus (vgl zB VwGH 15. 9. 1999, 99/13/0150; 25. 4. 2013, 2013/15/0155). Kann der Abgabepflichtige nämlich die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge − wie in § 162 Abs 1 BAO gefordert − genau bezeichnen, so wird eine Schätzung nicht mehr erforderlich sein, da dann die gesamten Aufwendungen steuerlich abzugsfähig sein werden. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, sind die beantragten Absetzungen nach Abs 2 leg cit ohnehin nicht anzuerkennen. Eine verdeckte Ausschüttung kann aus einer Maßnahme nach § 162 BAO aber keinesfalls abgeleitet werden. Da die vorliegende Streitfrage ausschließlich die Beweiswürdigung und damit den Sachverhalt betraf und somit keine wesentliche Rechtsfrage vorlag, hat das BFG auch die Revision nicht zugelassen.

Zusammenfassung

Im gegenständlichen Verfahren hatte das BFG zwar zu entscheiden, ob eine verdeckte Ausschüttung iSd § 8 Abs 2 KStG an die Gesellschafter einer GmbH vorliegt, prüfte dies jedoch nicht wie sonst am Maßstab der in der VwGH-Rsp entwickelten Kriterien. Demnach würde eine verdeckte Ausschüttung vorliegen, wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern Vermögensvorteile zuwendet, die nach außen hin nicht als ordentliche Gewinnverteilung erkennbar und im Gesellschafterverhältnis begründet sind (vgl zB VwGH 20. 3. 1974, 1157/72; VwGH 19. 2. 2002, 2001/14/0161; VwGH 21. 11. 2007, 2004/13/0001). Im vorliegenden Fall fällt jedoch bereits beim Lesen des Sachverhalts auf, dass die Leistungsbeziehungen der X-GmbH mit den vermeintlichen Scheinfirmen keinesfalls zu einer verdeckten Ausschüttung führen können, da es keinerlei Anhaltspunkte für Rückflüsse oder Vorteilszuwendungen an die Gesellschafter aus diesen Geschäften gibt. Vielmehr versuchte die belangte Behörde, unter dem Vorwand der verdeckten Ausschüttung eine Schätzung der abzugsfähigen Aufwendungen der X-GmbH zu rechtfertigen, die eigentlich aus der mangelnden Feststellbarkeit der Zahlungsempfänger der X-GmbH resultierte. Dies erscheint allerdings willkürlich, zumal der Gesetzgeber bei einer mangelhaften Empfängerbenennung ohnehin mit § 22 Abs 3 KStG Abhilfe schafft. Kommt der Abgabepflichtige dem Verlangen der Abgabenbehörde den Zahlungsempfänger zu benennen nicht nach, wäre nach dieser Norm allenfalls ein Zuschlag zur Körperschaftsteuer der X-GmbH iHv 25 % zu verhängen gewesen, anstatt die Gesellschafter mit 27,5 % KESt zu belasten.

Conclusio

Sollte jedoch in einem anders gelagerten Fall die Erbringung der Leistung des “Scheinunternehmers” nicht “zur Gänze” erfolgt sein, bzw. bei der Prüfung dokumentiert werden können, ist mit einem neuerlichen Vorstoß der Finanz zu rechnen, auf derartige Zahlungen Kapitalertragsteuer festzusetzen. Dieses Verfahren ist aus unserer Sicht als weiterer Versuch der Finanz zu werten, mit einer zusätzlichen “fiskalen Waffe” gegen die Beschäftigung von Scheinunternehmen vorzugehen

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